Epilog
Heute, am Tag der Endredaktion dieses Programms, überrascht uns eine überwältigende Nachricht: Maria Kalesnikava ist frei und mit ihr 122 weitere politische Gefangene in Belarus. Erleichterung und überbordende Freude! Die Machtgier eines (nicht gewählten) Autokraten hat sie ins Arbeitslager gebracht, und die Macht eines (gewählten) Quasi-Autokraten hat sie nun wieder herausgeholt. Anders wäre sie nicht freigekommen, die Welt funktioniert nun mal nach der Methode »Druck und Deals« (genannt: Diplomatie). Das Menschliche spielt in der Welt dieser Mächtigen keine Rolle, die Menschenrechte, zu denen sich ihre Staaten einst bekannt haben, auch nicht. Es gilt das Recht des Stärkeren.
Wenn wir uns die Hoffnung auf eine bessere Welt wieder zurückholen wollen, müssen wir die Stärksten sein. Und das geht nur, wenn wir als Zivilgesellschaften dieser Welt wieder stark werden. Uns nicht fragmentieren lassen von Manipulationsmaschinen der Machtbesessenen. Wenn wir den Menschen sehen und nicht religiöse oder nationale oder geschlechtliche Zugehörigkeit. Das Lagerdenken überwinden. Uns nicht gegenseitig kulturell canceln. Wenn wir frei im Kopf sind.
Und das geht nur, wenn alle miteinander ins Handeln kommen. Also auch wir, die Kunstschaffenden. Gerade wir! Denn wir haben etwas zu bieten, unsere ureigenen Methoden: Perspektivenwechsel, Differenzierung, Konzentration, den weiten Fokus, das Über-Bord-Werfen von »Gewissheiten« und das Konstruktive, das daraus erwächst.
Allerdings sollten wir uns nicht mit vollen Häusern zufriedengeben. Vielleicht müssen wir unsererseits zuhören lernen, gemeinsame Gestaltungsräume anbieten, nicht nur für Menschen, sondern zusammen mit Menschen gestalten.
Für Musik der Jahrhunderte wird das im nächsten Jahr im Vordergrund stehen. Und spätestens bei ECLAT 2027 sichtbar werden. Trotz wesentlich geringerem Budget wollen wir auch künftig ein vielgestaltig-komplexes Programm machen. Das Unerwartete, Fremde, Widersprüchliche, die Exzellenz, die Überwältigung, die Innovation, den Diskurs, die Welt bei uns versammeln: einen Ort schaffen, an dem unterschiedlichste Dinge in verdichteter Zeit aufeinanderprallen können.