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Manos Tsangaris: EILAND (ISOLA) Das aufgehobene Ich

für Stationen im Raum, Stimmen, Kontrabassklarinetten und Licht

(2015)

Angeblich wurden in der Antike manche Götter auch sitzend dargestellt. Andererseits war es ein deutliches Zeichen der Unterwerfung, wennbeispielsweise bei Versammlungeneinige Beteiligte im Stehen redeten und andere sitzen mussten. Sie saßen und waren zum Lauschen verdonnert. So ähnlich, wie wir heutzutage in den meisten Konzerten oder Theatern nur stillsitzen dürfen. Seit mehr als fünfunddreißig Jahren arbeite ich an unterschiedlichen Strategien und Formen, um eineauch physischeFreilassung des Publikums zu ermöglichen, ohne automatisch den Werkgedanken und die notwendige Konzentration der Wahrnehmung zu korrumpieren. Also nicht einfach Wandelkonzerte oder Teller Bunte Knete mit Partizipation sind das Ziel, sondern differenziert auskomponierte Ereignisse, die dynamisierte Wechsel und differenzierte Übergänge beinhalten.

 

In EILAND (ISOLA) Das aufgehobene Ich möchte ich nun versuchen, den Raum ganz und gar offen zu lassen, in dem zeitgleich sechs Stationen zirkulieren, die, genau komponiert, zusammen ein variierendes Band bilden, das sich permanent in einander verschiebt. Das frei flanierende Publikum ist eingeladen, gelegentlich einige der Stationen zu besuchen und dort ein anderes Stück zu erleben als jenes, das von außen gesehen und gehört werden kann. Anders ist diese Aufführung von innen betrachtet vor allem deshalb, weil die Komposition hier auf den Schnittpunkt und die räumliche Position der Rezipienten hin präzise ausgerichtet und zugeschnitten werden kann. Soll sagen, performative Nähe und Entfernung lässt sich auf viel intensivere Weise steuern, als wir es sonst kennen. Bonus: Etwas, das aufgehoben ist, wird bewahrt (wie ein wertvoller Gegenstand etwa) oder nivelliert (wie zum Beispiel ein Urteil.) In EILAND geht es auch um unser Ich, dasaufgehoben und aufgehobenin unterschiedliche Aggregatzustände des Raumes hinein sich bildet und auflöst.
(Manos Tsangaris)