One line

Jessie Marino: The Ideal Hour/Collages with Tom

(2021/2022)

Überlagerung, Nebeneinanderstellung, freie audiovisuelle Assoziation und vor allem Zuhören und Reagieren standen im Mittelpunkt dieses Stücks von Pony Says und Jessie Marino. Jessie und Pony waren Fremde, die sich nur durch das Internet und ein paar Drinks nach einem Konzert kannten. Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit bat Jessie Pony, zusammenzukommen und sich die 33-minütige Platte »Pieces for Kohn« des experimentellen Komponisten und Toningenieurs Tom Hamilton (1976 auf Sonmath Records) anzuhören. Bei diesen Stücken handelt es sich um elektronische Kompositionen, die »konzeptionell aus grafischen Gemälden von Bill Kohn entstanden sind«. Die Bänder wurden bei der Eröffnung von Kohns Ausstellung in der Terry Moore Gallery in St. Louis aufgeführt, von denen eines auf dem Albumcover von Pieces for Kohn zu sehen ist. Die Absicht, mit einer Hörsitzung zu beginnen, bestand darin, eine kleine Welt aufzubaueneine Welt, die einfach auf der Erfahrung beruht, dieselbe Platte zu hören. Aus dem gegenseitigen Kennenlernen von Tom Hamiltons fantastischen Stücken ergaben sich klangliche Assoziationen, die uns eine gemeinsame Basis für das Anlegen unserer Ohren boten. Wir tauschten unsere Eindrücke von den Klängen selbst aus, und diese Einblicke verschafften uns einen winzigen Einblick in die Ohren und den Verstand des anderen. Wie hören wir zu? Was fällt uns an der Musik auf, wenn wir gemeinsam zuhören? Was bemerken wir über uns selbst, wenn wir unsere Erfahrungen mit anderen teilen und vergleichen? Von unserem gemeinsamen Hörraum aus begannen wir zu spielenzunächst mit einer Annäherung an die Klänge, rhythmische Muster, Klanghölzer, Szenen und Charaktere, zu denen wir uns in Pieces for Kohn hingezogen fühlten, aber dann bewegten wir uns schnell und zielstrebig über das Simulakrum hinaus und in einen Raum hinein, der ein Zusammenfluss von gespielten Erfahrungen mit und ohne unsere jeweiligen Klangwerkzeuge ist. Der Spielplatz von Tom Hamilton bot uns eine Grundlage und einen Treffpunktdie musikalische Beziehung, die wir durch Zuhören aufgebaut haben, gab uns einen ganz eigenen Spielplatz.
Jessie Marino