One line

Volker Heyn: Ferro Canto

für Orchester und Zuspiel

(1989)

Anstelle eines Kommentars
(an Josef Häusler, den damaligen Redakteur für Neue Musik des SWF Baden-Baden)

 

Hey Joe, was soll einer sagen über seine Musik?…/Vielleicht erst mal spielen und hören,/247 Takte Musik spielen und hören und dann was sagen?…/Berichten über kalkuliertes Konstrukt-Destrukt/und Klang und Zeit-Sachen, über Zweifel-Zaudern?…/Was sagen, nachdem die Gerüste abgebrochen sind?/Hey Joe, was ich bestenfalls vermag, ist die Erklärung des Titels:/Ferro Canto singt von dem Manne, der Ecke George Street und/Town Hall, Sydney, saß, und mit schweren Holzstöcken/auf eine Eisentrommel einschlug./So vehement tat er’s, als wäre die Trommel die/Verkörperung dessen, was ihn peinigt…/aber auch sein letzter eiserner Schutzpanzer./Dabei stampfte er und schrie passierende Gaffmenschen an/und sprachbrüllte vom/»bissigen Spätherbst der weißglühenden Säue«/und verkündete, dass er, der er eigentlich ein froher Mensch sei,/gerne auch ein glücklicher geworden wäre; aber/dass es dazu hier und jetzt zu spät geworden sei./Oh nein, kein Straßenmusikant mit schickem Protestlied oder selbstgefälliger Verweigerung./Nein, seine Töne waren finale Zeichen (Signale)/des Verzagens, Töne der Verzweiflung an einer stumpf-tumben Menschenwelt im Scheitern./Und von seiner Unfähigkeit sang er,/dieser Welt blitzsauber-konformes Lied mitzusingen./Kein Verrückter, wie wir’s gerne hätten;/eher einer im Prozess des Erkennens./Eher einer, der–vom Dämon der Erkenntnis geritten/ dennoch zum Aufbruch bläst.
Frei nach J.H. (Jimi Hendrix) an J.H: (Josef Häusler)
Volker Heyn 1989