One line

Zeynep Gedizlioğlu: Lauf

für Orchester

(2022)

Das Schweigen, Sessizlik (die Stille). Ich taste. Ich suche den Klang. Ich ertaste und gestalte den Weg, auf dem das, was nicht laut gesagt wird, seine stets merkwürdige Stimme, seine immer seltsame Art und Weise findet und verliert. Und wiederfindet und wiederverliert.

Das ‚Ich‘ findet die Stimme wieder, setzt sie und schaut hin, entfaltet diese Stimme bis zum Kannnichtmehr. Und nichts wird mich aus diesem Riss anblicken. Und alles, was hier nicht gesagt wurde, wird mich anblicken, auf seine stets merkwürdige, immer seltsame Art und Weise.

 

Wie heißt das Stück? Wie ist der Titel?

Manchmal ist es so, dass er sich erst kurz vor dem Doppelstrich offenbart, wie dieses Mal bei diesem Werk für Orchester. Es gab bis dahin auch andere Überlegungen,Worte wie Atem, Pause, Los …

Bei dem Wort ‚Lauf‘, sehe ich Verbindungen zu manchen Titeln meiner vorherigen Werke:  Zum Beispiel zu Kesik, was Abbrechen; Durak, kresi was Anhalten, oder Aksak, was Hinken bedeutet, alle kreisen sie um die Idee, um eine Haltung des Weiter-Fort-Bewegens, um das Weitergehen oder sie haben mit Weitermachen zu tun. Weitermachentrotz allem.

Lauf ist ein jeden Tag fortschreitendes Musikwerk geworden. Es ist auch ein fortschreitendes ‚Ich‘, teils in stummen Bewegungen, durch Bewegungen und die laute Stille.  Noch liegt die Uraufführung vor mir, während ich Gedanken und meine Reflexionen in diesen Sätzen zu formulieren versucheund ich spüre die Spannung in der Vorstellung des Augenblicks, in dem sich dieses ‚Ich‘ in ein ‚Wir‘ verwandeln wird.

 

Alles, was hier nicht gesagt wurde, wird mich anblicken, auf seine stets merkwürdige, immer seltsame Art und Weise.

(Zeynep Gedizlioğlu)